Networking und Inspiration – meine Londoner AWWWARDS Highlights 2017

Zwei Tage, zwei Workshops und 20 Talks – das fasst die AWWWARDS 2017, die vor Kurzem in London stattfanden, prägnant zusammen. Die Website Awards fördern das Talent der besten Entwickler, Designer und Web-Agenturen der Welt.
Karoline Hüsch

Zwei Tage, zwei Workshops und 20 Talks – das fasst die AWWWARDS 2017, die vor Kurzem in London stattfanden, prägnant zusammen. Die Website Awards fördern das Talent der besten Entwickler, Designer und Web-Agenturen der Welt. Deshalb war es für mich als Junior Art Director ein ganz besonderes Erlebnis, zum ersten Mal bei der Konferenz für „Digital Thinkers“ dabei sein zu dürfen, um den inspirierenden Rednern zu lauschen und mich mit Kollegen aus der ganzen Welt über die Arbeit als Designer auszutauschen. Neben Networking und jeder Menge neuem Input gab es natürlich die sehnsüchtig erwartete Preisverleihung: Ausgezeichnet wurden herausragende Website-Projekte in den unterschiedlichsten Kategorien. Dabei waren Design, Usability, Creativity und Content die wichtigsten Kriterien für die Vergabe der Awards. Eine Übersicht der Gewinner gibt es hier.  Meine persönlichen AWWWARDS-Highlights habe ich in diesem Artikel zusammengefasst.

 

 

Wer ist mein AWWWARDS-Buddy?

Berührungsängste? Nicht bei den AWWWARDS: Die Publikumsaufgabe bei der Eröffnung des Events bestand darin, unter den vielen kreativen Köpfen im Saal seinen persönlichen #Buddy auszumachen – eine tolle Aktion, die gleich zu Beginn für Gesprächsstoff unter den Besuchern sorgte. Die Rückseite des Namensschildes lieferte jedem Teilnehmer eine Beschreibung der Person, die es im imposanten Saal des Connaught-Hotels, dem Veranstaltungsort, unter den kreativen Köpfen zu finden galt. Ich war sehr gespannt, wer wohl mein Buddy wird. Vielleicht befand er sich nur zwei Stühle weiter und wartete. Kurze Zeit später fand ich ihn dann auch: einen japanischen, bärtigen, Web-Grafiker und Skateboarder. Danach war Selfie Time angesagt: Duckfaces, Schnurbärte, Filter… alles war erlaubt, um ein unvergessliches Beweisfoto mit seinem Buddy festzuhalten.

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Mr. Bingo traf mit „Hate Mail“ voll ins Schwarze

Nach dem Buddy-Suchspiel war die Stimmung im Saal aufgelockert, das Eis gebrochen und die Menge bereit für den ersten Redner. Und der kam in kurzen Shorts, Hawaiihemd und fast schon bis unters Kinn hochgezogenen Tennissocken auf die Bühne. In schnellen Sätzen und mit klarer Stimme erzählte der Londoner Illustrator und Rapper Mr. Bingo von seinem „Hate Mail“-Projekt, das aktuell bei vielen für Begeisterung sorgt: Um auf Hasskommentare im Netz aufmerksam zu machen, stellte er mit viel Liebe persönliche Beleidigungen als Zeichnungen auf Vintage-Postkarten dar. Diese kann man gegen Geld online bestellen und an sich selbst oder andere adressieren lassen. Welche Gemeinheit verschickt wird, ist rein zufällig und kann nicht beeinflusst werden. Sein brutal klarer, auf Linien reduzierter Zeichenstil macht deutlich, mit welcher Akribie Mr. Bingo an seine Projekte herangeht. „Die Menschen sind mehr denn je bereit, für sinnlose Dinge Geld auszugeben“, erklärte der Künstler. „Bietet man ihnen eine Show, seien sie bereit, Münzen zu werfen. Das wollte der Künstler auch gleich unter Beweis stellen und rührte mit einer Rap-Einlage eindrucksvoll die Werbetrommel für „Hate Mail“. Die Aktion unterstrich, dass es Mr. Bingo bei seinen Projekten stets vor allem um eines geht: Grenzen auszuloten und dabei nicht selten auch zu provozieren. „Make art for people, not companies“, rät er am Ende noch und meint damit, dass man seine Arbeit immer auch als persönliches Statement sehen sollte.

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Ein UXler und die Chatbots: Kommunikation ist alles

Letzteres ist wohl auch die Handlungsmaxime des UX-Designers Adrian Zumbrunnen. Er stellte sich die persönliche Frage: Was, wenn Chatbots den Platz einer klassischen Website einnehmen und seinen Job überflüssig machen – wo bleiben wir dann als Designer? Zu Hause lautet die Antwort von Raphael Leiteritz, Director Product Management bei Google. Diese Aussage motivierte Zumbrunnen dazu, sich der experimentellen Herausforderung des Conversational-Designs zu stellen. Er begann damit, digitale Dialogsysteme zu erforschen, und stattete seine Website mit einem Chatbot aus. Die Besucher der Seite sehen keine herkömmliche Menüführung, sondern informieren sich über den Austausch von Nachrichten mit dem Bot über die Dienstleistungen des UXlers.

Um seine Kunden besser im Bereich der Conversational Interfaces beraten zu können, ist es für Zumbrunnen wichtig, zu ergründen, wie Chatbots und Werbung zusammenpassen. Denn die Menschen wollen keine Werbung sehen. Es sei denn, sie ist gut gemacht. Ein Produkt über einen Avatar zu bewerben, ist seiner Meinung nach der falsche Ansatz. Man muss es umkehren und sich fragen, wie man Chatbots nutzen kann, um ein Produkt oder eine Dienstleistung zugänglicher zu machen. Die Lösung: mit Kommunikation. Werbung ist Kommunikation, und Chatbots sind es auch. Experience ist dabei das Stichwort. Eine Marke, die ihren eigenen virtuellen Assistenten hat, mit dem Nutzer kommunizieren können, der Produkte vorstellt und der fragt, wonach gesucht wird oder ob es Probleme mit einem Produkt gibt, löst Aufgaben nicht über den klassischen Kommunikationskanal, sondern bringt Charme und Persönlichkeit ins Spiel. Die Grenze zwischen Mensch und Maschine verschwimmt.

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Technik als Inspirationsquelle für Fashion, die etwas bewegt

Auch Anouk Wipprecht möchte Grenzen abschaffen und Menschen verbinden. Die Modedesignerin aus Amsterdam versteht Technik als wichtige Inspirationsquelle, mit deren Hilfe nicht nur neue Designs geschaffen werden können. Technik kann auch etwas verändern. Die neueste Schöpfung der Designerin wurde beispielsweise speziell für an ADHS leidende Kinder entwickelt. Das an ein Einhorn erinnernde Wearable für den Kopf verfügt über eine winzige Videokamera, die bedeutsame Momente im Leben der Betroffenen aufzeichnet und die Neurosensorik der Träger mit einem Intel-Edison-Rechenmodul verbindet. Anouk Wipprecht erklärt, dass Menschen mit ADHS oft Schwierigkeiten haben, das Verhalten anderer korrekt zu deuten. Das führt häufig zu Missverständnissen und bedeutet für Betroffene enormen Stress. Ihre Erfindung könnte ihren Trägern dabei helfen, ihr Verhalten mittels Computertechnik besser zu analysieren und zu verstehen. Damit übernimmt das Gerät die Funktion eines Lehrsystems oder gar Vermittlers und erleichtert Kindern, die unter ADHS leiden, den Umgang mit anderen.

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Das ist auch eine perfekte Überleitung zu meinem AWWWARDS-Fazit, denn die Konferenz hat den Teilnehmern jede Menge Lehrreiches vermittelt. Mit unvergesslichen Erinnerungen im Gepäck ging es für mich zurück nach Frankfurt – dabei hat sich vor allem folgende Aufforderung der AWWWARDS in mein Gedächtnis gefressen: Sei besessen, leidenschaftlich, kompromisslos und sorgfältig – sei kreativ und mutig in dem, was du tust. Immer.

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Karoline Hüsch

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Karoline Hüsch hat vor einem Jahr als Praktikantin bei Cocomore angefangen und ist mittlerweile als Junior Art Director fester Bestandteil der Kreation. Ideen für Kundenprojekte zu entwerfen und zu visualisieren gehört dabei zu ihren Lieblingsaufgaben. Vor ihrer Zeit in der Agentur war Karo unter anderem als Architektur-Fotografin unterwegs. Kollegen beschreiben sie in drei Worten als vielseitig, aufmerksam und gut gelaunt.